Italien groß in Mode?
Zugegebenermaßen war ich lange Zeit kein Fan italienischer Minimopetten. Zu primitv, zu klapprig. Zudem fahren die Kisten einfach katastrophal, wenn man Supermotos aus Österreich gewohnt ist.
Die Hipster und die Herrschaften ohne Führerschein, die können gerne damit herumfahren. Ich aber nicht. Ich fahre richtige Motorräder.
So war zumindest meine Meinung über diese lustigen Blechkisten. Aber das hat sich schnell geändert.
Ich bekam eine verunfallte PX angeboten. Ein echtes Abenteuer auf zwei Rädern und vom Zustand her patiniert, statt frisch poliert. Allerdings ging die Freude nicht lange und ein fester Kolben in einer Linkskurve beendete die Freundschaft.
Monate vergingen. Tage zogen ins Land. Jahreszeiten wehten braune Blätter im Herbst und Schneeflocken im Winter über die Straßen. Ich fuhr also weiterhin österreichische Hightechware über Stock und Stein und Asphalt. Kein Vergleich zu den Italienern und kein Vergleich zu 2-Takt-Rollern.
Schließlich galt es ja voranzukommen und im Rausch der Geschwindigkeit die Sorgen zu vergessen - eins zu sein mit der Natur und der Maschine - den Blick nach vorne gerichtet.
Rechnen wir die Zeit aber mal zurück. So um etwa 15 Jahre oder 16 Jahre. Da hatte mein Kumpel Andy eine weinrote PX, die er hart rannahm und täglich bewegte. Im Innenstädtischen Fight genauso, wie über die Landstraße. Die 125er musste zeigen, was sie kann. Immer am am Limit und keinen Moment zum Aufatmen. Ihr wurde alles abverlangt.
Vermutlich sorgte dieser Umgang mit der italienischen Schönheit auch dazu, dass sie irgendwann zerlegt und abgestellt wurde. Aus diversen Gründen blieb sie sehr lange in einer Scheune im Hinterhof stehen. 14 Jahre müssen es wohl schon gewesen sein. Der Staub, der Taubenkot und der übrige Mock der Jahre hatten es sich an ihrem Blechkleid gemütlich gemacht. Sie war fast eins geworden mit der Umwelt.
Kein Chance auf Wiedergeburt, kein Zeichen der Liebe. Sie war ein Zeitzeuge längst verganger Tage und hatte die Hoffnung auf ein neues Leben fast abgeschrieben.
Längst war die PX ein Teil einer über Jahre anhaltenden Wette geworden. Würde sie die heiligen Hallen etwas vor der Restauration des Werwolfes verlassen? Würde der Datsun etwa das Rennen gewinnen und eine Zulassung bekommen, noch bevor es der Vespa an den Kragen ging?
Die Spannung steigt, doch der Staub der PX wurde nicht weniger. Der Datsun gewinnt. Die Vespa bleibt weiterhin unangetastet. 0:1 für Italien. Japan siegt.
Aber: Wir wollen nicht anfangen zu weinen und es sollen nun auch keine Tränen fließen.
Die Vespa wechselte nämlich den Besitzer und wird in Zukunft dann doch die längst abgeschriebene Zuneigung bekommen, die sie verdient hat.
Zwar konnte ich noch keinen wesentlichen Teil zu Genesung beitragen, musste aber schnell feststellen, dass der Parasit mich längst übernommen hatte. Der Virus drang ohne Vorwarnung in mich ein. Ich war befangen. Ich war gefangen. Italien hatte mich in seinem Bann. Ich wurde einer dieser hippen Vespafahrer. Ob nun das Fahrwerk nicht besonders gut oder die Verarbeitung besonders hochwertig war, interessierte nicht mehr. Dieses unbeschreibliche Lebensgefühl, ja diese Leichtigkeit, eine italienische Mopette zu besitzen oder gar zu fahren hatte mich voll und ganz umgarnt. Denn Vespa bedeutet Freiheit, Freunde und Ignoranz gegenüber österreichischer Stangenware.