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Opel Corsa A

Steffi Grafs feuchtes Höschen

Damals, als wir alle noch jung und die Haare noch lang waren, gab es im Leben eines Heranwachsenden genau eine Sache bei der man sich entscheiden musste.
Das war die Wahl zwischen Opel und VW. War man cool oder eher der Depp. War man gefragt bei den Mädchen oder war man der erste an der Ampel. Wollte man zeigen, dass Papa die Kohlen hatte oder konnte man einen Schraubendreher von einem Hammer unterscheiden.
Was war besser? Wer war schneller? Ungelöste Fragen und überhaupt: Eigentlich doch egal, blickt man heute mit einer gewissen Ironie und Selbstreflektion auf diese Zeit zurück.

Ich hatte damals einen Kumpel. Der fuhr Corsa. Nicht irgend einen, sondern einen A Corsa. Volle Hütte: Tief, breit, laut. Und mit Käfig. Und mit dicker Box im Kofferraum und mit kleinerem Lenkrad. Außerdem hatte er eine blaue Unterbodenbeleuchtung und andere coole Sachen, von denen wir mit den weniger coolen Kisten nur träumen konnten.

Die anderen Jungs aus der Crew fuhren Golf III, entweder sau tief oder sau laut oder beides. Aber das war was anderes. Golf Fahren konnte jeder. Wollte auch jeder. Irgendwie war der Opel, im speziellen der Corsa dann eher was für die Underdogs. Niemand fuhr einen Corsa weil er musste - mal die Hausfrauen und Studentinnen ausgenommen - sondern weil er wollte. Das war absolut keine sexy Basis für einen spontanen „Umbau“ - wenn man das grob so nennen darf.
Der Corsa war aber absolut die beste Basis dafür, wenn man genau wusste, was man vor hatte.
Quasi auch damals schon der Einäugige unter den Millionen Blinden.

Spätestens seit Steffi Graf sich ihr Höschen auf der Haube eines weißen Corsa A nass machte, wollte jede Sportstudentin einen haben. Und jeder Richdaddy für seine kleine Maus. Corsafahren war also cool. Da konnte VW nicht mithalten.
Fuhr man nun aber einen aufgemachten Corsa, gar einen GSI, dann war man ohnehin unter den Schürzenjägern der erste am Buffet und konnte sich seine Muscheln nicht nur aussuchen, sondern den anderen dabei zuschauen, wie sie aus der Ferne angekrochen kamen.
Der Corsa GSI war sozusagen das, was man heute neudeutsch mit Hot-Hatch bezeichnet. Als ein kleiner Rotzlöffel, der vor nichts Halt macht. Passt doch irgendwie.

Nur verstehen konnte ich all das damals noch nicht. Der Corsa war weder cool noch besonders hip und begehrenswert schon gar nicht. Man verachtete diese kleinen Kisten, wie sie zu Hauf in den Straßen standen und rosteten. Die in rot ermatteten üblicherweise noch schlimmer.
Schlimmer waren eigentlich nur die hergerichteten und mit Fusseltuning verbauten Exponate, die man auf Autotreffen präsentiert bekam. Zwar durfte auch hier der vom GSI gemopste Motor nie fehlen, doch war der Rest dann eher Marke Manta-Manta und die Besitzer nicht viel anders. Vokuhila und Muskelshirt galten wie früher schon als heißer Scheiß und wareb mitsamt der Kette, die am Gürtel hing und die Geldbörse in der hinten Gesäßtasche fest umklammerte, das Must-Have-Accessoire dieser Zeit.

Man hatte sich also an die Vorstellung gewöhnt, dass jeder Corsa entweder schimmelte, oder verheizt wurde.
Dass es heute noch viele geben sollte, oder dass gar welche davon mit einem H-Kennzeichen geadelt wird, ist absolut unvorstellbar. Solch ein Gedankengut ist in unseren Köpfen schlichtweg nicht existent.

Welch eine erquickende Freude also, dass genau das heute stattfindet. Es gibt Menschen, die genau das tun. Hier werden alte, längst vergessene Helden aus dem Winterschlaf geholt. Laternenparker werden geputzt und zum TÜV gebracht. Es scheint gar, als würde ein Auto, dessen Vergangenheit noch so lieblos war, mit erreichen der 30 Jahren noch einmal raus in die Welt gekarrt. Mit lauten Motoren und leuchten Scheinwerfern hören wir es sagen „Hier bin ich. Habt ihr mich vermisst? Ich lebe noch! Für immer. Ätsch.“

Interessanterweise lagen auf meiner Festplatte genau nur diese drei Corsa A ab. Und das bei einer Altblechsammlung, die seit 2001 stetig gepflegt wird. Das sagt doch vielleicht auch schon einiges aus…

Weitere Alltagseisen

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